Es ist keine Pandemie mehr, sondern eine Endemie.
40 Jahre lang hat der Virologe Peter Rottier Coronaviren erforscht. Im Interview erklärt er, warum immer wieder neue Coronaviren auftauchen werden und was man dagegen längst hätte tun können.
Im Mai 2003 wurde Peter Rottier von der chinesischen Botschaft gebeten, nach Brüssel zu kommen. Gerade hatte man entdeckt, dass ein Coronavirus hinter der Epidemie steckte, die vermutlich Ende 2002 in der chinesischen Provinz Yunnan begann: das Severe Acute Respiratory Syndrome-Coronavirus (Sars-CoV). Der niederländische Virologe forschte damals schon seit fast 25 Jahren an Coronaviren. Nachdem Rottier als Student das Buch Molecular Biology of the Gene gelesen hatte – dessen Autor James Watson hatte die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckt –, begann er sich für Zellbiologie zu interessieren. Nach seiner Doktorarbeit über Pflanzenviren wandte sich Rottier ganz der Virologie zu. »Als ich 1979 mit meiner Forschung über Coronaviren begann, war fast nichts über diese Viren bekannt«, berichtet er. Damals hätten Forscher noch angenommen, dass sie dem Menschen nicht gefährlich werden. »Es waren einige Coronaviren bekannt, die Menschen infizieren konnten, aber sie verursachten nur leichte Erkältungen. Sie traten häufig bei Tieren wie Hühnern, Rindern und Schweinen auf, und sie konnten in der Tierhaltung große Probleme verursachen.« So blieben die Coronaviren lange Zeit unter dem Radar der Forschung. Bis 2003.
Herr Professor Rottier, gab es zuvor keine Anzeichen, dass die Viren auch Menschen ernsthaft krank machen könnten?
Peter Rottier: Sprünge vom Tier auf den Menschen waren bereits von anderen Virusfamilien bekannt. Aber bei den Coronaviren haben wir das nicht kommen sehen. Das war natürlich naiv, denn damals wussten wir eigentlich schon, dass sie wandlungsfähig sind. Dennoch war der Sars Ausbruch im Jahr 2003 ein Schock. Und 2012 geschah dasselbe noch einmal bei der Mers Epidemie. Es herrschte damals die gleiche Angst wie heute. Nur haben diese Ausbrüche nicht das gefürchtete Ausmaß angenommen.
Peter Rottier: Der Niederländer Peter Rottier (geboren 1947) ist emeritierter Professor für Virologie und Viruserkrankungen am Institut für Tiermedizin der Universität Utrecht. Er studierte Biochemie an der Radboud Universität in Nijmegen und schrieb seine Doktorarbeit über Pflanzenviren an der Universität Wageningen. Er arbeitete unter anderem auch am American Salk Institute und am Scripps Research Institute in Kalifornien sowie an der Yale University. Während seiner gesamten Karriere forschte Rottier hauptsächlich über Coronaviren. Er untersuchte unter anderem, wie sie in Zellen eindringen, und entwickelte eine Reihe von Impfstoffkandidaten für Tiere. Bis November 2019 leitete er an der Shanghai Academy of Agricultural Sciences in China die Forschung zu Coronaviren bei Schweinen.
Worin unterscheiden sich die Coronaviren?
Das hängt mit ihren Eigenschaften zusammen. Das alte Sars-Virus dringt tiefer in die Lungen ein, während das neue Sars-CoV-2 offenbar weiter oben in den Atemwegen bleibt. Teilweise deshalb provoziert Sars-CoV-2 auch einen stärkeren Hustenreflex. Infolgedessen verbreitet es sich leichter. Auch das Mers Virus schien die Welt zu erobern. Glücklicherweise ließ sich die Ausbreitung weitgehend auf Saudi-Arabien beschränken. Das Mers Virus gibt es noch, aber nur wenige Patienten sterben daran. Das mag daran liegen, dass das Virus mutiert und mit der Zeit schwächer geworden ist.
Das Sars- und das Mers Coronavirus.
Sars-CoV-2 ist nicht das erste Coronavirus, das die Welt in Atem hält. Im Jahr 2003 brach in Teilen der Welt die Sars-Epidemie aus (Sars steht für »Severe Acute Respiratory Syndrome«, schweres akutes Atemwegssyndrom). Mit dem zugehörigen Erreger Sars-CoV ist das heutige Pandemievirus Sars-CoV-2 eng verwandt. Aber während Covid-19-Patienten bereits ansteckend sind, bevor erste Symptome auftreten, war Sars erst in der zweiten Krankheitswoche ansteckend. Quarantänemaßnahmen erwiesen sich deshalb als sehr wirksam. Die Sars-Epidemie konnte so auf weltweit rund 8000 Fälle begrenzt werden, darunter knapp 800 offiziell dokumentierte Todesfälle.
Das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (Mers-CoV) wurde erstmals 2012 auf der Arabischen Halbinsel nachgewiesen. Mers verläuft ähnlich wie Covid-19 teils asymptomatisch, teils mit milden, teils mit schweren grippeähnlichen Symptomen und Atemnot. Wie bei den Sars-Coronaviren handelt es sich bei Mers-CoV um einen Erreger, der vom Tier auf den Menschen überspringt, in diesem Fall von Dromedaren. Er wird aber nur selten – meist in Krankenhäusern – von Mensch zu Mensch übertragen. Laut der Weltgesundheitsorganisation gibt es weltweit rund 2500 laborbestätigte Fälle, darunter mehr als 850 Todesfälle, die meisten davon in Saudi-Arabien. In Europa, unter anderem Deutschland, wurden bislang nur wenige importierte Fälle und Sekundärfälle gemeldet.
Das ist nicht ungewöhnlich?
Es ist ganz normal. Wenn ein Virus auf einen neuen Wirt übergeht, kommt es in der Regel zu sehr starken Krankheitssymptomen, bis hin zum Tod. Kann sich ein solches Virus in seiner neuen Wirtspopulation halten, hat es die Chance, zu mutieren. Und der darwinistische Selektionsprozess begünstigt in erster Linie Mutationen, die die Ausbreitung des Virus erleichtern. Das geht natürlich nicht so gut, wenn der Wirt innerhalb von 24 Stunden stirbt. Es liegt nicht im Interesse des Virus, seinen Wirt schnell zu töten.
Erwarten Sie, dass es bei Sars-CoV-2 genauso sein wird?
Das würde ich zumindest vermuten. Obwohl wir im Moment noch nicht sagen können, ob das Virus schwächer wird. Bislang konnten wir zum Beispiel nicht feststellen, dass die Viren, die wir in unserem Land finden, weniger virulent wären als ihre Verwandten in Italien, wo sie herkommen. Der Prozess könnte noch Jahre dauern.
Ist auch der umgekehrte Fall denkbar? Können Mutationen das Virus tödlicher machen?
Das können sie. Es kommt aber selten vor, weil das nicht im Interesse des Virus ist. Mir fällt ein solcher Fall nicht einmal ein.
Ist es ein Zufall, dass wir es jetzt wieder mit einem Coronavirus zu tun haben?
Coronaviren gehören zu den RNA-Viren, genau wie Influenzaviren, das Zika- und das Ebola-Virus. Ihr Erbgut besteht also im Gegensatz zu dem von DNA-Viren aus RNA. Sie sind sehr wandlungsfähig, weil das Enzym, das ihr Genom kopiert, darauf programmiert ist, Fehler zu machen. In unseren Körperzellen wäre so etwas dramatisch und würde Krebs verursachen. Aber für Viren ist es ein Vorteil. Sie sind in der Lage, mit jeder neuen Kopie leicht unterschiedliche Nachkommen zu erzeugen. Viren hängen von der Zelle ab, die sie infizieren. Sie sind wie tot und können nur etwas bewirken, wenn sie ihren genetischen Code in eine Zelle einschleusen und kopieren.
Statistisch gesehen macht das Enzym, das dafür sorgt, etwa einen zufälligen Fehler pro 10 000 Basen (Bausteine der RNA, Anm. d. Red.). Das Genom des Coronavirus enthält zirka 30 000 Basen. Wenn ein Virus eine Zelle infiziert, kommen so nach 10 bis 16 Stunden Tausende neuer Viren heraus. Jedes von ihnen trägt im Durchschnitt drei Mutationen in sich. Mit jeder Replikationsrunde entstehen so neue Varianten des Virus. Einige Mutationen sind für das Virus nachteilig oder sogar tödlich, aber manchmal ist eines dabei, das besser an neue Umstände angepasst ist.
Was braucht ein Virus, um den Sprung vom Tier zum Menschen zu schaffen?
Entscheidend ist das Andocken an der Wirtszelle. Auf der Außenseite eines Virus befinden sich Proteine, eines davon ist das Spike-Protein. Es erkennt Rezeptoren auf den Wirtszellen. Wenn sich das Virus nicht an einen solchen Rezeptor binden kann, dann bekommen wir keine Probleme. Wir werden ständig von Viren von allerlei Tieren angegriffen – folgenlos. Aber manchmal gelingt das Andocken, auch ohne dass dafür Mutationen nötig wären. Das Sars-CoV-2 hat ein chinesischer Forscher vor etwa sieben Jahren zuerst bei Fledermäusen identifiziert. Das entscheidende Virusprotein passt zufällig auch zu unseren Rezeptoren. Nicht perfekt, aber gut genug, damit es in die Zelle eindringen kann. Und dann beginnt die Feinabstimmung über Mutationen. Natürlich lassen Zellen das nicht einfach so geschehen, sie reagieren mit einer Immunantwort auf Eindringlinge. Viren haben ihrerseits Tricks entwickelt, um damit umzugehen. So entwickelt sich ein unglaublich faszinierender Kampf.
Wenn sich eine Fledermaus beim Fliegen an der falschen Stelle erleichtert, zum Beispiel über einem Salat, und der wird dann nicht gründlich gewaschen, dann kann man sich infizieren.
Fledermaus im Flug: »Fledermäuse scheinen alle Arten von Viren beherbergen zu können, ohne selbst krank zu werden«, sagt der Virologe Peter Rottier.
Wissen wir inzwischen sicher, ob ein Zwischenwirt im Spiel war?
Nein. Es könnten Schuppentiere beteiligt sein, aber das ist noch unklar. Auf Grund der Erfahrungen mit früheren Coronaviren erscheint ein Zwischenwirt wahrscheinlich. Doch es ist auch gut möglich, dass das Virus direkt von der Fledermaus übergesprungen ist. Das Sars-Virus kam von Fledermäusen über die Zibetkatze (eine asiatische Schleichkatze, Anm. d. Red.); spätere Analysen haben allerdings gezeigt, dass es genauso gut den Sprung direkt von der Fledermaus hätte machen können. Wenn sich eine Fledermaus beim Fliegen an der falschen Stelle erleichtert, zum Beispiel über einem Salat, und der wird dann nicht gründlich gewaschen, dann kann man sich infizieren.
Was ist denn das Besondere an Fledermäusen? Warum sind sie so oft beteiligt?
Das ist eine sehr interessante Frage! Fledermäuse scheinen alle Arten von Viren beherbergen zu können, ohne selbst krank zu werden. Offenbar verfügen sie über ein Immunsystem, das in der Lage ist, all diese Viren auf niedrigem Niveau zu tolerieren. Für Viren ist ein solches Tier der ideale Nährboden. Sie können sich darin vermehren und RNA untereinander austauschen. Ab und zu ist eines unter ihnen, das überspringen kann, wenn es die Chance dazu bekommt.
Wegen der begrenzten genetischen Variation bei Sars-CoV-2 vermuten Wissenschaftler, dass das Virus den Sprung nur ein einziges Mal gemacht hat.
Ja, diese Hypothese steht noch immer. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass es in so kurzer Zeit zu zwei voneinander unabhängigen Sprüngen gekommen ist. Es war womöglich ein einmaliges Ereignis, aber eines, dessen Konsequenzen wir alle zu tragen haben.
Dieses Virus scheint relativ langsam zu mutieren. Gibt das Hoffnung, dass ein Impfstoff – wenn er denn einmal da ist – für lange Zeit wirkt?
Wir sehen bereits Anpassungen, vor allem im Spike-Protein, mit dem das Virus an unsere Zellen andockt. Es sieht in Frankreich schon etwas anders aus als in Italien. Das ist auch genau die Region, an die Antikörper binden; das kann also ein Nachteil sein. Denn ein Impfstoff wird zur Produktion von Antikörpern anregen, die auf dem aktuellen Spike-Protein basieren. Veränderungen in diesem Eiweiß können dazu führen, dass Impfstoffe weniger gut wirken. Wir werden sie von Zeit zu Zeit anpassen müssen. Sobald ein Impfstoff zur Verfügung steht und das Virus mehr Gegenwind bekommt, wird der Mutationsdruck zunehmen. Die Region, in der das Virus an unsere Zellen bindet, besteht aus etwa zehn Aminosäuren. Das Virus hat also einen gewissen Spielraum zur Veränderung. Es sieht so aus, als würden wir auf einen permanenten Kampf mit einem Virus zusteuern, das dauerhaft bleiben wird.
Prof. Rottier: Die Zahl der Viren, die vom Tier auf den Menschen überspringen, ist in den vergangenen 50 Jahren steil angestiegen.
Im Gegensatz zum Sars-Ausbruch kommt diese Epidemie nicht völlig unerwartet.
Bei meiner Abschiedsvorlesung vor vier Jahren habe ich gesagt, dass wir nicht wissen, wann ein neues Coronavirus auftauchen wird. Aber wir wissen, dass es auftauchen wird. Darin sind sich Virologen einig. Ebenso kann man heute sagen, dass es wieder passieren wird. Es werden uns immer wieder neue Viren heimsuchen. Die Zahl der zoonotischen Viren, die vom Tier auf den Menschen überspringen, ist in den vergangenen 50 Jahren steil angestiegen. Es ist also zu bedauern, dass nach Sars die Forschung so schnell wieder stoppte. Wir schlagen uns jetzt mit einem Virus herum, das genetisch zu 78 Prozent mit dem Sars-Virus identisch ist. Bis vor Kurzem haben wir noch vergeblich versucht, Geld für die Erforschung von Impfstoffen und Therapien gegen das Sars-Virus zu bekommen. Wir haben unter anderem an einer Therapie gearbeitet, die auf monoklonalen Antikörpern basiert. Wir konnten sie nicht weiterentwickeln. Als wir feststellten, dass das neue Virus dem Sars-Virus so ähnlich ist, haben wir sie wieder aus dem Schrank geholt und an Sars-Cov-2 getestet. Einer hat sehr gut angeschlagen und ist nun von einem Unternehmen übernommen worden. Doch der Weg ist noch lang. Hätten wir früher weitere Schritte unternehmen können, dann hätten wir jetzt womöglich Antikörper, um Patienten zu behandeln und Menschen in Krankenhäusern zu schützen. Wenn der Sturm irgendwann nachlässt, werden wir daran erinnern.
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper sind ein viel versprechender Ansatz bei der Suche nach einem Impfstoff. Sie zielen auf bestimmte Proteine in der Virushülle von Sars-Cov-2 ab, vor allem das so genannte Spike-Protein. Mit seiner Hilfe dockt das Virus an die Wirtszelle an und kann so in sie eindringen. Monoklonale Antikörper werden bereits in der Diagnostik und Therapie anderer Erkrankungen eingesetzt.
Waren die Probleme mit Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragen werden, bislang nicht schlimm genug, um Regierungen zu alarmieren?
Nein. Und die Rolle der Regierungen ist hier sehr wichtig. Ich kann verstehen, dass große Firmen nicht Millionen in Arzneimittel investieren wollten, die vielleicht nie gebraucht werden, nachdem Sars ziemlich schnell unter Kontrolle zu sein schien. Aber Regierungen müssen etwas unternehmen. Auf eine Reihe von Viren, wie die Hendra-, Influenza- und Coronaviren, müssen wir maximal vorbereitet sein. Bei der Suche nach einem universellen Impfstoff gegen Influenzaviren sind Forscher bereits ein gutes Stück weiter. Dafür ist zwar auch noch Geld nötig, aber das sind Peanuts im Vergleich zu der Milliardenrechnung, die jetzt auf uns zukommt.
Ist der Weg, nach universellen Ansätzen für Heilmittel zu suchen, die richtige Strategie?
Es ist sehr schwer vorherzusagen, wie der nächste Schritt aussehen sollte. Ein generischer Ansatz ist daher sinnvoll. Nehmen Sie Chloroquin, das Malariamittel, das jetzt auf seine Wirksamkeit gegen Sars-Cov-2 untersucht wird. Es gibt schon viel länger Hinweise darauf, dass das Medikament gegen verschiedene Viren wirken könnte, bisher hat dies jedoch noch niemand richtig untersucht. Dasselbe gilt für Remdesivir, das im Rahmen von Ebola untersucht wurde, aber nicht so gut funktionierte. Es war wirksam gegen andere Viren, doch auch diese Forschung wurde nicht weitergeführt. Es gibt viele Medikamente, die weiterer Forschung wert wären, so dass wir beim nächsten Mal schon etwas im Schrank haben.
Wie lässt sich so ein Virus am besten bekämpfen?
Es gibt mehrere mögliche Ziele. Man kann die Region anvisieren, mit der das Virus an unsere Zellen andockt. Genau das tun monoklonale Antikörper. Andere Wirkstoffe wie Remdesivir stören das Enzym, das das Virusgenom kopiert, bei seiner Arbeit. Die Kehrseite ist, dass ein Virus sich mit Mutationen ziemlich schnell dagegen wappnen kann. Am besten zielt ein Medikament auf ein Protein im Wirt, von dem das Virus abhängt. Nur gibt es ein solches Mittel meines Wissens noch nicht.
Wird man jetzt die Notwendigkeit erkennen, sich für die Zukunft besser vorzubereiten?
Ich würde das erwarten (lacht). Sonst wären unsere Politiker wirklich dumm. Covid-19 geht in die Geschichtsbücher ein, genau wie die Spanische Grippe ein Jahrhundert zuvor.
Prof. Rottier: Je mehr Tiere zusammen auf einer kleinen Fläche gehalten werden, desto leichter können Viren zirkulieren und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie früher oder später auf den Menschen überspringen
Müssen wir etwas gegen die zu Grunde liegenden Ursachen unternehmen, wie unseren Umgang mit Tieren und der Natur?
Unser Verhalten erhöht sicherlich das Risiko von Problemen. Es ist kein Zufall, dass viele dieser Viren aus Asien stammen. Das hat zu einem großen Teil zu tun mit den dortigen Essgewohnheiten und dem Umgang der Menschen mit Tieren. Ein Markt wie der in Wuhan, auf dem viele Tierarten unter unhygienischen Bedingungen zusammengedrängt sind, ist für Viren ideal, um die wildesten Dinge zu tun. Dass China solche Märkte offenbar stärker regulieren will, ist eine gute Sache. Enge Kontakte sind aber keine notwendige Voraussetzung. Selbst wenn wir die Natur in Ruhe lassen würden, bleiben diese Ökosysteme weiterhin eine mögliche Quelle von Viren, die auf uns überspringen.
Hätte das auch bei uns geschehen können?
Natürlich. Viren von Hühnern oder Schweinen können ebenfalls große Probleme verursachen. Das Grippevirus, das 2009 die Schweinegrippe verursachte, ist das beste Beispiel dafür. Es entstand in einem Schwein, setzte sich aber zusammen aus einem menschlichen Virus, einem Schweine- und einem Vogelgrippevirus. Nicht umsonst nennen wir Schweine einen Schmelztiegel für Viren. Aus dem Austausch von RNA ist ein neues Virus entstanden. Das zeigt, dass so etwas keineswegs nur in einer exotischen, wilden Tierwelt passiert. Die Viren gedeihen auch in unseren Ställen. Je mehr Tiere zusammen auf einer kleinen Fläche gehalten werden, desto leichter können Viren zirkulieren und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie früher oder später auf den Menschen überspringen. In dieser Hinsicht stellt die Massentierhaltung ein Risiko für die öffentliche Gesundheit dar.
Sind die Sicherheitsstandards hier nicht viel höher als in Asien?
Gewiss, aber selbst in gut geführten Betrieben ist es fast unmöglich, Viren fernzuhalten. Unter sterilen Bedingungen kann man kein Vieh züchten. Ganz gleich, wie sauber und hygienisch man dabei vorzugehen versucht, man kann solche Fälle nicht ausschließen.
No tags for this post.